Hintergrund: Keine Lebensräume zerstören - keine Ressourcen für unnötige Projekte

 

Noch mehr Lebensräume zerstören, um den Energiehunger zu stillen? Niemals!

Pingwin Planet ist fest davon überzeugt, dass die Menschheit keine weiteren Ökosysteme mehr auslöschen darf. Wir vertreten beim Zerstören von Lebensräumen Nulltoleranz. Im Gegenteil müssen in bereits zerstörten Räumen wieder hochwertige, vielfältige neue Lebensräume geschaffen werden. Anders lässt sich die grösste Bedrohung für alle Lebewesen - das in quantitativer und qualitativer Hinsicht erschreckende Artensterben - nicht mehr abbremsen. Die Geschwindigkeit dieses Massensterbens wird durch menschgemachten Klimawandel noch erheblich beschleunigt.

Der Energiehunger der Menschheit kann anders gestillt werden als mit der Zerstörung von Lebensräumen. Bereits natürlichen Kreisläufen entzogene Flächen, auf welchen zusätzliche Energie auf nachhaltige Weise mit moderner Technologie gewonnen und gespeichert werden kann, gibt es zur Genüge. Sonst müssen wir lernen, mit dem auszukommen, das wir haben. Auch eine noch so «grün» angehauchte oder begründete «Energiewende» darf nicht zur Zerstörung von weiteren Lebensräumen führen. Dem Schutz unserer Lebensgrundlagen muss höchste Priorität eingeräumt werden. Nicht dem «kurz-frisst-igen» Energiehunger.

Energie kann und muss auf nachhaltigere Weise gewonnen werden als mit der Zerstörung von Lebensräumen. Der Verbrauch von Energie an sich ist etwas Momentanes, Kurzfristiges. Die Energiegewinnung etwas Ersetzliches. Verschwundene Lebensräume, verschwundene Arten sind demgegenüber etwas Unersetzliches.

Die Deckung des Energiebedarfs ist ein Mittel zur Erfüllung wichtiger menschlicher Einzelbedürfnisse und von Bedürfnissen der Allgemeinheit. Die Energieversorgung ist aber kein Selbstzweck – und Energiehunger kann auf andere Weise gestillt werden, als mit der Zerstörung von Lebensräumen. Das wissen wir Alle.

Eine Generation Time-Out

Wir sind entschieden gegen Projekte, die Lebensräume zerstören - wenn nicht zuvor in langjähriger Arbeit einerseits gleichwertiger und andererseits zusätzlicher Lebensraum geschaffen wurde. Falls dies möglich ist. Bei Projekten, bei denen vorgesehen ist, grössere Lebensräume zu zerstören, verlangen wir ein Time-Out von mindestens einer Generation. Nicht wir, sondern spätere Generationen sollen entscheiden. Und dereinst noch Lebensgrundlagen haben, die sie nachhaltig benutzen können.

Nicht nur «Umweltverträglichkeit», sondern auch «Erforderlichkeit» von Grossprojekten prüfen

Dass vor vielen Jahren eine erfolgreich bestandene «Umweltverträglichkeitsprüfung» als Bedingung für bestimmte Grossprojekte in das schweizerische Umweltrecht eingeführt wurde, war damals ein richtiger und wichtiger erster Schritt für den Schutz der Umwelt. Heute reicht diese Prüfung längst nicht mehr aus zum Schutz unserer Lebensgrundlagen. Mit dem rasanten Schwinden von Lebensräumen für alle Lebewesen (ausser dem Menschen und den Tieren, welche er isst) trägt der Staat bei jedem Steuerfranken und jedem Quadratmeter Lebensraum, der in Grossprojekte investiert wird, eine gesteigerte Verantwortung. Ist ein Projekt, das unwiederbringlich Lebensräume zerstört, zwar «umweltverträglich», aber mit Blick auf die Ziele, die mit dem Projekt erreicht werden sollen, nicht einmal «erforderlich» ist die Investition in ein solches Projekt und die Bewilligung für ein solches Projekt nicht nur eine verpasste Chance, sondern auch eine Missachtung der wichtigsten verfassungsmässigen Aufgabe des Gemeinwesens: der Pflicht zum Schutz unserer Lebensgrundlagen. Und rechtlich betrachtet ist jeder nicht erforderliche Eingriff in Rechte der Allgemeinheit oder von Einzelnen – auch in die Lebensgrundlagen künftiger Generationen – ein unzulässiger Eingriff.

Das Gleiche gilt aus unserer Sicht, wenn der Staat Konzernen die Bewilligung erteilen will, immer knapper werdende Ressourcen der Allgemeinheit in Beschlag zu nehmen. Die Wirtschaftsfreiheit eines Konzerns hört dort auf, wo seine nicht nachhaltige Inanspruchnahme von öffentlichen Ressourcen nicht erforderlich ist.

Pingwin Planet verlangt, dass der Staat bei jeder Investition in ein Grossprojekt, bei jeder Konzession oder Bewilligung für ein solches Projekt nicht nur einen «Umweltverträglichkeitsbericht», sondern auch einen «Erforderlichkeitsbericht» erstellen lässt, wenn unersetzliche Ressourcen der Allgemeinheit in Anspruch genommen werden sollen und die wissenschaftlich geklärten und gesellschaftlich bestimmten Grenzen der Folgen der betreffenden Inanspruchnahme nicht bereits beispielsweise mit Grenzwerten geregelt sind.

Üblicherweise ist zentrales Element jeder «Erforderlichkeitsprüfung» - an sich für jegliches Staats- und Verwaltungshandeln eine Selbstverständlichkeit, darf doch z.B. kein Franken Steuergeld ausgegeben werden, ohne dass diese Ausgabe erforderlich wäre und es darf auch nicht in Grundrechte eingegriffen werden, ohne dass dies erforderlich wäre - , dass andere, «mildere», weniger einschneidende Varianten gegenübergestellt werden, mit denen das gleiche Ziel erreicht werden kann. Nur ein «erforderlicher» Vorgang ist verhältnismässig und damit zulässig. Kann ein Ziel mit einer weniger einschneidenden Variante erreicht werden, ist das einschneidendere unzulässig. Ein Projekt, das auf grundlegende und endgültige Weise wertvolle und überlebensnotwendige Ressourcen in Beschlag nimmt und sie gleichzeitig auf Dauer zerstört, muss erforderlich sein, muss nötig sein. Die mit dem Projekt verfolgten Ziele müssen nur auf diese und keine andere Art und Weise erreichbar sein. Erforderlich ist ein solches invasives Grossprojekt nur dann, wenn keine «milderen» Varianten zur Erreichung der gleichen Ziele zur Verfügung stehen.

Die Voraussetzung der Erforderlichkeit eines Grossprojekts zu prüfen, verhindert auch, dass in Goldgräberstimmung und mit Tunnelblick eine ideale Lösung für Energieprobleme gefunden wird. Und gleichzeitig nicht wiedergutzumachender Schaden im Bereich von Lebensräumen, Ökosystemen und Wasserkreisläufen angerichtet.

Es ist zwar ein gesamtgesellschaftlicher Entscheid, wie mit zwingend zu schützenden und als Lebensgrundlage unentbehrlichen und bereits überbeanspruchten Ressourcen umgegangen werden soll. Zugleich haben jede Bürgerin und jeder Bürger und jedes Lebewesen Anspruch darauf, dass in für das Überleben essenzielle und bereits überknapp gewordene Ressourcen nur dann eingegriffen wird, wenn dies nicht anders möglich ist.

Beispiel: Um die Zulässigkeit eines Millionenprojekts wie des Baus der Staumauer in der Trift und die Überflutung einer wunderbaren Bergnatur zu prüfen, geht es nicht an, rein auf politischer und verwaltungsrechtlicher Ebene zu prüfen, welcher der durch den Klimawandel "nutzbar" gewordenen ehemaligen Gletscherseen sich am besten für ein Stauseeprojekt eigne. Und schon gar nicht geht an, unter Ausblendung der wichtigsten gesellschaftlichen und rechtlichen Aufgaben einfach zu prüfen, ob einem solchen Projekt nach kantonalbernischen Regeln eine Konzession erteilt werden könne oder nicht. Ein Projekt, das derart grundlegend einen riesigen und unersetzlichen Lebensraum zerstört. Erforderlichkeit bezieht sich stets auf das angestrebte Ziel. Und das Ziel der Trift-Mauer ist aus der Sicht der Allgemeinheit nicht etwa, das "umweltverträglichste", das "am wenigsten schlechte" aus dem Kreise der «rentablen» der zahlreichen potenziellen Gletschervorfeld-Projekte zu küren. Sondern das Ziel ist, irgendwann in ferner Zukunft einen signifikanten Beitrag an die nachhaltige Energieversorgung der Schweizer Bevölkerung und Wirtschaft zu leisten. Oder zumindest der bernischen, zürcherischen und baslerischen. Kann dieses Ziel durch ein moderateres oder kostengünstigeres Projekt und ohne Zerstörung von Lebensgrundlagen erreicht werden, dann ist die Zerstörung des Lebensraums Trift unnötig, angesichts seiner Dimensionen aus ethischer Sicht geradezu verwerflich und vor höchstrangigem Recht unzulässig. Es gibt Alternativen. Auch für die Ausübung der Handels- und Gewerbefreiheit der hinter dem Projekt stehenden Konzerne.

Nicht «Wehret den Anfängen!», sondern "Stoppt den Schlussausverkauf!"

In den Alpen gibt es keinen Lebensraum mehr, der wirtschaftlichen Interessen geopfert werden dürfte. Aus diesem Grund setzen wir uns gegen nicht zwingend erforderliche Projekte wie die geplante Staumaueranlage in der Trift im Berner Oberland ein, wo ein riesiges, wertvolles Ökosystem, eine wunderbare Natur-Landschaft bis an die Felsen hinauf überflutet und damit zerstört werden soll.

Wir wollen nicht, dass unsere Enkel an unserem Sterbebett stehen und uns fragend vorwerfen «Wie konntet Ihr nur?» Uns in keiner Art und Weise dafür dankbar sind, dass wir ihnen zwar den Luxus hinterlassen haben,  mit einem 7G-Handy am Handgelenk im neusten Elektromobil mit einer einzigen Ladung 3000 Kilometer weit fahren zu können. Aber nicht die Ressourcen, um schon nur die gigantomanischen Anlagen unserer Tage zur Energiegewinnung wie Staumaueranlagen oder Atomkraftwerke, die je älter umso bedrohlicher werden, wieder zurückbauen zu können. Dafür in den Jahrzehnten bis dahin weiterhin «auf Pump» gelebt und weitere Lebensräume unwiederbringlich kurzfristigen Bedürfnissen geopfert haben. Und eine Restnatur, eine Umwelt, eine Landschaft hinterlassen, in der bis dahin zahlreiche weitere Arten ausgestorben sein werden und andere Arten derart dezimiert, dass sie in den meisten ökologischen Kreisläufen fehlen. In der Felder und Flussläufe ausgetrocknet sind. Und sowohl Wild- als auch Agrarpflanzen nicht mehr bestäubt werden. Oder nur von Hand.

(Lorenz Hirni/Bruno Heinzer)