Französischer Bauer verlor auf mysteriöse Weise seine Kuhherde: Ergebnisse einer unabhängigen Recherche legen nun nahe, dass die Kühe Opfer von Nanopartikeln aus der nahegelegenen Fabrik waren

Paris (F) / Rubigen (CH) / 9. November 2017

Einem Bauern im französischen Südelsass starben seit 2014 fast sämtliche Milchkühe weg. Ein Nanopartikel-Konzern hatte in der Nähe der Weide des Bauern Ende 2013 die Titandioxid-Produktion massiv erhöht. Während amtliche Untersuchungen keine signifikanten Ergebnisse brachten, gelangt nun eine vom Bauern veranlasste und von Pingwin Planet und anderen NGO begleitete Recherche zum Zwischenfazit: Die Kühe starben an einer nichtviralen und nichtbakteriellen Beeinträchtigung, die sie über die Atemwege aufgenommen haben. Und es deutet vieles darauf hin, dass es Nanopartikel waren, die in der Nähe der Weide freigesetzt wurden.

2014 beginnt für einen Bauern im Südelsass der Horror seines Lebens: vielen seiner Milchkühe läuft auf einen Schlag die Nase, sie kriegen Abszesse im Kopf-, Hals- und Halslappenbereich, dann folgen neurologische Ausfälle und nach einem halben Jahr sind sie tot oder notgeschlachtet. Die Sous-Préfecture sieht keinen Grund, wieso die naheliegende Firma die Ursache für das Verenden der Kühe sein sollte. Untersuchungen, die von der Sous-Préfecture angeordnet werden, bringen ebenfalls keinen triftigen Grund ans Tageslicht. Die Verantwortung für das Kuhsterben wird zuerst beim Bauern selbst gesucht. So müssen zum Beispiel lokale Besonderheiten wie eine uralte Mülldeponie unter seinem Hof herhalten. Statt mit tauglichen Methoden die Emissionen der benachbarten Fabrik zu analysieren, suchen die Behörden beispielsweise nach radioaktiven Partikeln oder nach Arsen bzw. Blei. Seine Milch darf der Bauer nicht mehr einzeln verkaufen.

Titandioxid-Nanopartikel-Produktion massiv erhöht

Kurz bevor die ersten Kühe erkranken, hat die benachbarte Fabrik in Thann/F (die zum zweitgrössten globalen Titandioxid-Hersteller Cristal gehört, der dieses Geschäft gerade an den Tronox-Konzern verkauft) ihre Produktion von Titandioxid-Nanopartikeln massiv erhöht. Die Kühe weiden nur etwa 3 Kilometer von der Produktionsstätte entfernt und der Wind weht meistens in ihre Richtung. Nach der ersten schlimmen Phase geht es den überlebenden Kühen später etwas besser – die Titandioxid-Produktion nebenan läuft wegen gesunkener Nachfrage auf tieferem Niveau. Nachdem die Nanopartikel-Produktion wieder auf Volltouren läuft, sterben die Kühe aber wie zuvor reihenweise weg – der Bauer hat bald keine Kühe mehr.

Weil die amtlichen Untersuchungen ihn ratlos zurücklassen, sucht der Bauer Unterstützung. Von Pingwin Planet und anderen Organisationen (Confédération Paysanne Alsace und Access) begleitete Recherchen und wissenschaftliche Untersuchungen führen nun zu einem ganz anderen Zwischenfazit, als es von der Firma und von der Sous-Préfecture gezogen wurde: Die Kühe starben weder an viralen, noch an bakteriellen Krankheiten, sondern mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit an Stoffen, die sie über die Atemwege aufgenommen haben müssen. Und die weiteren Analyseergebnisse sind gewichtige Indizien dafür, dass es die Nanopartikel waren, die gleich nebenan produziert wurden.

Die Rechercheergebnisse werden heute vom Diplomchemiker und freien Journalisten Michaël Loeckx an einer Medienkonferenz von Pingwin Planet France und anderen NGO in Thann/F vorgestellt. Ebenfalls heute wendet sich eine Gruppe von Pingwin Planet in Baar/CH über  dessen bis vor Kurzem wichtigstes europäisches Vertriebszentrum an den Cristal Konzern.

Pingwin Planet fordert:

  • Sofortigen Schutz von Mensch und Tier in der Umgebung der Produktionsstätte in Thann/F vor Nanopartikel-Freisetzungen
  • Fachgerechte Untersuchungen durch Behörden und Konzern entsprechend dem aktuellstem Stand von Wissenschaft und Technik
  • Entschädigung des Bauern, falls die von ihm veranlassten Rechercheergebnisse durch – taugliche – unabhängige Untersuchungen bestätigt werden.
  • Implementierung eines strengen Vorsorgeprinzips im Bereich von Nanopartikel-Freisetzungen zum Schutz der Bevölkerung, von Arbeitnehmenden, von Tieren und der Umwelt.

 

Kontaktieren Sie Pingwin Planet über info@pingwinplanet.org